Trendy Karma-Kapitalismus

Das „Trendbüro“ veranstaltet heute in Hamburg den 12. Trendtag. Trendforschung ist für die Webeprofis die Möglichkeit, dem Unternehmen von heute zu zeigen

wie sich die Welt um sie herum verändert, welche Chancen und Gefahren sich für sie daraus ergeben und wo die Märkte von Morgen liegen

Der neue Trend ist *tadaa*

Karma-Kapitalismus

Karma-Kapitalismus markiert das Ende des Raubtier-Kapitalismus und etabliert eine neue Wirtschaftsethik. Kooperation ersetzt Konkurrenz. […] Erfolgreiche Produkte sind nicht nur von hervorragender Qualität, sondern vermitteln auch einen spirituellen Mehrwert. […] Sinnstiftung wird zum wichtigsten Wettbewerbsvorteil.

Also: Das Problem am „Raubtier-Kapitalismus“ ist die fehlende Ethik – mit erleuchtetem Betrieb wird sich dasmit der Ausbeutung also auch geben.
Weiter: Der Karma-Kapitalismus verkauft nicht nur eine Ware, sondern bietet gleichzeitig Sinn – was daran neu ist, muß das Trendbüro erst mal noch erklären. Spätestens die Markenware bietet schließlich neben der Erfüllung eines profanen Bedürfnisses einen Überschuss an Bedeutung, der diskursiv erzeugt in seine Nützlichkeit eingeht. Daß das einen Wettbewerbsvorteil bietet, ist Adidas und Apple ebenso bewusst wie Demeter und Carhart.
Wo ist also das neue am KK?

Profitorientierung und moralisches Handeln gehören heute zusammen. In der global vernetzten Welt fällt alles wieder auf den Urheber zurück. Ein gutes Karma steigert das eigene Kapital.

Da haben wir’s: Alles fällt auf den Urheber zurück, wie es die Anhänger der Karma-Lehre vertreten. Wer also moralisch handelt, kann die damit gesammelten Karma-Punkte in der himmlischen Wechselstube gegen Geld eintauschen – so einfach geht das.
Gehen wir davon aus, daß der Kapitalismus letztlich danach strebt, sich jede Lebensäußerung einzuverleiben, ist die Funktion des esoterischen Unfugs schlicht und einfach, das Bedürfnis nach Sinn und den Lebensbereich der Moral der Verwertung zuzuführen.
Hauptreferent des Abends ist Muhammad Yunus, der in Sachen Ausweitung der Warenform schon Erfahrungen im großen Stil sammeln konnte: Er ist der Erfinder der Weltbank-Kleinstkredite, mit denen vor allem Frauen im Trikont befähigt werden sollen, sich in elenden Verhältnissen als Unternehmerinnen in Sachen eigener Arbeitskraft zu verdingen. Feministinnen kritisieren an den Programmen, daß die Kreditnehmerinnen wegen der hohen Zinsen oft nicht in der Lage sind, die Kredite zu tilgen und damit in neue Abhängigkeiten geraten.

Vorhölle abgeschafft

Papst Satanist
Der Papst erfreut, Satanisten empört: Die Vorhölle ist abgeschafft

Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, hat Papst Benedikt XVI. heute die Vorhölle für ungültig und überholt erklärt. Das auch „Limbus“ genannte Areal war traditionell für ungetaufte Kinder reserviert, die dort separiert von den Vollsündern im Zentraltrakt der Hölle bei reduzierter Temperatur bis in die Ewigkeit in Flammenseen schmoren mussten.
Über die weiteren Pläne mit den freigewordenen Gelände schweigt sich der Pontifex aus. Experten aus dem Vatikan vermuten, daß die himmlischen Heerscharen in den nächsten Tagen eine Ortsbegehung zur Klärung der weiteren Nutzung des Areals vornehmen werden.
Satanistenkreise haben indes gegen die Entscheidung protestiert. Der Vorsitzende des Dachverband Deathmetal Deutschland erklärte: „Wir werden uns mit der Enteignung von Boden, der seit 500 Jahren den satanischen Heerscharen gehört nicht abfinden“. Ein dauerhafter Frieden zwischen Himmel und Hölle sein nur unter Einhaltung des Völkerrechts und der Menschenrechte möglich.

Einmal Geldmagie mit Magier bitte

Ein lustiges Feature an so einem Blog ist, daß man sieht, wer woher auf die Seite kommt.
Wenn man z.B. bei Google nach „geld magie mit magier“ oder nach „geld spirituell“ sucht, landet man auf – Esowatch 🙂
Wer auch immer heute genau danach gesucht hat, ich möchte mich recht herzlich bedanken und hoffe, daß mein Beitrag über Geld, Magie und Spiritualität diesbezüglich alle Fragen geklärt hat.

Google-Ads

Zuerst habe ich ja überlegt, die Google-Ads auszuschalten, aber nach und nach fällt mir auf, daß ich über die Ads zu meinen Seiteninhalten soooo schöne Obskurantist_innen finde, daß ich sie eingeschaltet lasse.
Z.B. will irgend eine eine Initiative (welche, erkennt man nicht, weil die Grafiken zumindest im Moment nicht geladen werden), die BRAVO abschaffen, weil sie „ein Hort von Unmoral“ ist:
http://www.aktion-kig2.de/41433/home.html

Edit: Es handelt sich um die „Deutsche Vereinigung für eine Christliche Kultur“ – mehr darüber in den Antifaschistischen Nachrichten.

Aus der Steckdose frisch auf den Tisch: Energetisierte Nahrung

Wieder mal Danke für den Hinweis!
Energetisierte Teller
Man kennt das vielleicht: 10 Meter Leitung machen Wasser mausetot, schon nach 5 Metern ist es total traurig. Um das wieder in Ordnung zu bringen, bietet die Firma Alvito eine große Bandbreite an großartiken Artikeln an. Stellt man z.B. eine Tasse totes Wasser auf einem neongrünen Plasteuntersetzer ab (22,90€, hier ein PDF mit Produktinformationen), dann strömt positive Energie in das kühle Nass, daß es nur so blubbert. 98€ kostet ein Wiederbelebungs-Wasserhahn und für schlappe 598€ wird die Hauswasserleitung vitalisiert. Aber es lohnt sich:

„Dank der bioenergetischen Aktivierung geniessen Sie Mahlzeiten und Getränke energetisch aufgewertet: Frühstück, Mittag- und Abendessen, Kaffee, Tee, Wein und Wasser. Bei sauren Getränken (Saft, Kaffee, Wein) werden Sie die stärkste Wandlung im Geschmack und der Bekömmlichkeit feststellen. Vielfach wird die Wirkung mit einem frischeren, weicheren Geschmack und einem milderen, volleren Aroma beschrieben. Stellen Sie alle Speisen oder Getränke auf die Energie-Produkte und warten Sie einige Augenblicke – bei längerer Anwendung intensiviert sich die Wirkung.“

Vielen Dank, liebe Firma Alvito 🙂

PS: Jenseits des „sich drüber lustig machens“ bietet der Wikipedia-Artikel zum Thema fundierte Informationen zu belebtem Wasser.

Buko-Spiritualismus 3

Ach ja, eine Glaubensgemeinschaft habe ich vergessen zu erwähnen: Die vegane Theken-Crew beim Buko 30 hat White Russian mit Soja-Milch angeboten und fand den Hinweis, daß er mit Milch und vor allem viel süßer Sahne doch besser schmeckt, nicht gut. „Viele hier sind Veganer“, so die auch wieder (siehe unten) mit sehr ernstem Gesicht vorgetragene Erklärung…

Buko-Spiritualismus 2

Vielfältig: Der/die/das Buko
Der 30. Buko [Kongress der Bundeskoordination Internationalismus] war nett, und es gab (mindestens) zweierlei Spiritualismus zu sehen.

Buko-Spiri 2: Workshop „Spiritualismus und Politik“

Mit an die 50 Leute war der Workshop einer der größten auf dem Buko. „Du meine Güte, so viele Esos?“ denke ich, aber die Vorstellungsrunde offenbart, daß mindestens 1/3 der TeilnehmerInnen eher da sind, weil sie sich fragen, was solcherlei Unfug auf einem linken Kongress verloren hat. Ein weiteres Drittel hat mit Spiri auch nicht viel am Hut, ist aber mit der ständigen und immer beherrschender werdenden Zweckrationalität der Moderne überfordert und will mehr vom Leben als Zweckbeziehungen. Der Rest spricht schwammig von der Notwendigkeit spirituellen Wachstums, von Liebe, Natur, Herz, Selbst, Innen, Körper und Glaube.
Witzig ist: Man sagt, man wolle spirituell den Manichäismus überwinden, stellt sich aber trotzdem in den ganzen modernen Dualitäten auf die eine Seite und damit gegen Hass, Kultur/Zivilisation, Handeln, Konstruktion, Außen, Geist und Wissen.
Von rechter Esoterik, von Antisemitismus und von Lehren, die nach dem Führerprinzip funktionieren, distanziert man sich. Der Frage, wie ein Spiritualismus ohne diese Merkmale aussehen kann, nähern wir uns nicht. Methodisch funktioniert der Workshop nicht wirklich, irgendwie bleibt die ganze Zeit unklar, wo es hin gehen soll.
Das ist wohl auch die Schwäche von „Esoterik light“ – ohne verbindliche Lehre, ohne erleuchtete Gurus, die mit voller Überzeugung die „Ich hab‘ die Welt kapiert und Du nicht“-Nummer vortragen, funktioniert Spiritualismus einfach nicht so gut.
So gehen die meisten Leute dann auch eher mit einem kritischeren Verhältnis zu Spiritualität raus als sie reingegangen sind – ein Glück…

Zu Hierarchien und Spiritualität noch ein Zitat von einem, der es wissen muss. Davin Spangler von der esoterischen Findhorn-Gemeinschaft, zitiert nach Ökolinx 11/1990:

„Alle spirituellen Gesellschaften sind hierarchisch. Anders können sie nicht funktionieren. Es ist klar, daß man sich bei der Führung der Angelegenheiten einer spirituellen Gemeinschaft nicht an jene wenden kann, die weniger erleuchtet sind.“

Buko-Spiritualismus 1

Adorno hat Spaß

Beim diesjährigen Buko [Kongress der Bundeskoordination Internationalismus] gab es (mindestens) zweierlei Spiritualismus zu sehen.

Buko-Spiri 1: Samstag-Abend, Großplenum zu Antisemitismus und Antiamerikanismus

Der zweite von drei Referent_innen zeigt sehr schön zeigt, wieso rechtschaffene Antideutsche so knuddelig sind. Mit heiligem Ernst werden 20 Seiten in exakt gezirkelten Sätzen vorgelesen. Die obligatorische Zusammenfassung der Elemente des Antisemitismus geschieht überaus elaboriert und souverän.
Den Abschluss bildet die mit ernstem Blick vorgetragene Sorge, daß wer sich unter Linke begibt, schon auf dem Pfad der Verdammnis wandert: „Es soll hinterher keiner sagen, er habe nichts gewusst“, wenn es auf einer globalisierungskritischen Veranstaltung zu antisemitischen Ausfällen kommt – wie überhaupt überall, wo Leute Gesellschaftskritik ohne St. Teddy betreiben.
Ist alles nicht so falsch, aber der aufgeplusterte Theorie-Hooliganismus wirkt wieder mal so, als ob es vor allem darum geht, theoretische Claims abzustecken und der verkniffene Duktus weckt den Wunsch, den Referenten einfach mal zu kitzeln.
Das gebetsmühlenartig vorgetragene „Ja, aber“ bei vielen Diskussionsbeiträgen danach führt dann auch nicht zu einer erhellenden Diskussion – aber nach einer Predigt ist es auch nicht gewollt, Inhalte gleichberechtigt zu diskutieren.

Katholiken rasten aus

Marcus Hammerschmitt auf Telepolis über die Deutsche Bischoffskonferenz:
Danke für den Tipp 😉

Pogo im Heiligen Land

Marcus Hammerschmitt 09.03.2007
Deutsche Bischöfe in Israel: Punk ist nicht tot, er zieht sich nur komisch an
Sid Vicious von den Sex Pistols hat es seinerzeit vorgemacht: Wenn nichts mehr geht, bringen rechte Symbole und Sprüche immer noch passable Aufmerksamkeitswerte. Christlich orientierte Punx greifen die Tradition auf.
So zum Beispiel die außergewöhnliche Punk-Bigband Deutsche Bischofskonkferenz, die immer wieder nicht nur durch ihre Größe (über 70 Mitglieder!) und ihre seltsame Kleiderordnung auffällt, sondern auch durch die politischen Äußerungen ihrer Mitglieder. Eine handverlesene Abordnung der Combo (der sog. „Ständige Rat“), ließ es bei seiner jüngsten Israeltour so richtig krachen. Nach einigen Gigs in Yad Vashem und im Westjordanland liefen Mitglieder des „Ständigen Rats“ zu ganz großer Riot-Form auf. Besonders der Sperrzaun, mit dem Israel die Grenze zum Westjordanland sichern will, hatte es dem „Ständigen Rat“ angetan. Den Anfang machte Leadgitarrist Gregor Maria Hanke, der seine Homebase sonst in Eichstätt hat:
Morgens in Yad Vashem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto in Ramallah. Da geht einem doch der Deckel hoch.
Bassmann Joachim Meisner, nie um flotte Sprüche und historische Vergleiche verlegen, schlug in die gleiche Kerbe:
Dass ich so was in meinem Leben noch mal sehen muss, das hätte ich nicht gedacht. (…) Diese Mauer wird fallen wie die Berliner Mauer auch.
Schlagzeuger Walter Mixa, der neulich erst mit ein paar trockenen Bemerkungen gegen die Politik der Familienministerin von der Leyen am Start war (vgl. [local] Kampf der Krokodile), scheint Gefallen am Medienrummel gefunden zu haben und war in Israel jetzt um street credibility bemüht. Er unterstützte seinen Leadgitarristen: Die Palästinenser im Westjordanland lebten in einer „ghettoartigen Situation“, das „sei schon fast Rassismus“.
Dazu kann man nur sagen: Respekt! Die Deutsche Bischofskonferenz gehört zur Musikabteilung einer Organisation, die angesichts ihres Verhaltens während der Nazizeit noch Einiges aufzuarbeiten hätte. Wer denkt in diesem Zusammenhang nicht an das [extern] Reichskonkordat, die aktive Teilnahme in Kroatien, die Unterdrückung von Leuten aus den eigenen Reihen, die nicht mitmachen wollten (vgl. Ein Mann der Kirche), oder die Begünstigung der Täter im Nachhinein?
Unter diesen Voraussetzungen dem israelischen Staat vorzuwerfen, seine Verteidigungsmaßnahmen seien mit dem Warschauer Ghetto zu vergleichen, zeugt von einer Frechheit, die nur echte Hardcore-Punx aufbringen. Das Kennzeichen solcher Frechheiten ist ja immer, dass den Adressaten zunächst die Luft wegbleibt, bevor sie zu schreien anfangen, um an der eigenen Wut nicht zu ersticken. Unter diesem Aspekt war die Israeltour der deutschen Punk-Bischöfe ein voller Erfolg. Was jetzt nicht so gut kommt, sind irgendwelche Entschuldigungen, die keiner glaubt und die niemanden interessieren.
Rock’n Roller entschuldigen sich nicht, sie drehen die Anlage auf. Die Bischöfe müssen vielleicht an anderer Stelle vorsichtig sein: Wie das bei echten Punkrockern immer der Fall ist, verfügen sie nur über ein kleines Repertoire. Wenn sie weiter in dem Tempo ihr Pulver verschießen, kann es sein, dass sie bald schon ihre allerletzte Zugabe anspielen müssen, um das Pogo-Publikum bei Laune zu halten: den christlich-antisemitischen Evergreen von den Juden, die ja Jesus ans Kreuz gebracht haben.

Schäuble: Glaube gegen Kultur

Wie in der Frankfurter Rundschau zu lesen war, sieht Bundesinnenminister Schäuble „in der Kluft zwischen muslimischem Glauben und westlicher Kultur eines der Hauptprobleme für gelungene Integration“.
Sehr schön, Herr Schäuble. Das „Wir“ der Deutschen hat also wieder mal die „Kultur“ gepachtet, diesmal nicht in Abgrenzung zur „Zivilisation“ in den USA oder Frankreich, sondern als Bollwerk gegen den muslimischen Glauben.
Schäuble: „Wer hier leben will, wie er in Anatolien zu leben gewohnt war, hat falsch entschieden“. Wir wissen damit sogleich, wo die Barbarei zu Hause ist, in Anatolien, beim Türken also, der ja schon 1683 vor Wien zurückgeschlagen werden musste.
Und wo wird das „Wir“ des aufgeklärten und säkularen Abendlandes verteidigt?
Ausgerechnet bei einer Diskussionsrunde der evangelischen Landeskirche…
Sehr schön, vielen Dank.