„Jesus bewegt Bremen“. Vom 30. April bis 4. Mai wird der bekannte Religionsstifter die Hansestadt bewegen. So formuliert es zumindest die PR-Abteilung des „Christival“. Und weiter: „Das Christival ist DAS christliche Großereignis des Jahres. Beim Kongress junger Chsiten kannst Du
fünf Tage zuhören, mitreden, beten, lernen und natürlich feiern – mit anderen Christen aus Landes- und Freikirchen, Jugendverbänden und anderen Bewegungen“.
Das Festival möchte nach eigener Auskunft junge Menschen in ihrer Nachfolge zu Jesus Christus stärken und die missionarische Jugendarbeit fördern. Dazu gibt es jeden Tag Gottesdienst, Workshops und abends wird zu frommen Rythmen geschunkelt. Auf der Messe missionarischer Möglichkeiten beraten sich etablierte Kirchengliederungen und dubiose Sekten darin, wie man am effektivsten Menschen bekehrt.
Heterosexualität ist ein wichtiges Thema auf dem Event: In getrennten Arbeitsgruppen reden Jungs und Mädchen z.B. darüber, wie der redliche Umgang mit dem anderen Geschlecht aussieht und sinnieren, was Gott sich wohl dabei gedacht hat, Sexualität in die Welt zu bringen. Andere Workshops bieten Beratung dafür, wie man eine lebenslange Ehe führen kann. Oder man überlegt sich, wie man gleich ganz um Sex drumherum kommt, indem man einem christlichen Orden beitritt. Vor allem dürfte es also darum gehen, junge Schäfchen in der christlichen Lebensführung zu bestärken.
Aber die abschreckenden Beispiele der Grenzbereiche der gottgefälligen Lebensweise dürfen da nicht fehlen. So war z.B. ein Workshop der Lebensberater von „Wüstenstrom“ vorgesehen. „Wüstenstrom“ geht davon aus, daß sexuelle Orientierung kein Schiksal ist, sondern geändert werden kann. Statt aber heterosexuellen Jugendlichen das Überschreiten ihrer sexuellen Einseitigekeit zu ermöglichen, widmet sich der Verein dem Kampf gegen Homosexualität. Das Konzept kommt aus den USA. In einer wilden Mischung aus Gruppentherapie und religiöser Erweckung werden Schwule und Lesben gedrängt, ihr sündiges Leben aufzugeben.
Gegen solcherlei dubiose und homophobe Gehirnwäsche hat sich Protest geregt und nach einigen Berichten in bundesweiten Medien wurde Wüstenstrom vom Festival ausgeladen. Aber das heißt nicht, das reaktionäre Positionen außen vor wären.
Der Verein Birke e.V. bietet z.B einen Workshop zum Thema Abtreibung an. Angeblich macht der Verein Schwangerschafskonfliktberatung. Die Anerkennung dafür hat die Birke allerdings vor zehn Jahren vergeblich beantragt. Aus gutem Grund: Die Birke gehört zur Szene der sogenannten Lebensschützer, die mit moralischem Terror versuchen, sowohl individuell als auch gesellschaftlich jegliche Abtreibung zu verbieten. Die Webseite des Vereins ist geradezu übersäht von süßen, knuddeligen Kindern und die Rhetorik spricht für sich:
„Die Tötung eines ungeborenen Kindes ist ein brutaler Akt, der dem Wesen und der Natur einer Frau völlig zuwider läuft. 80% der Mütter, aber auch viele Väter, leiden nach der Abtreibung ihres Kindes manchmal ein Leben lang unter psychischen und psychosomatischen Folgeerscheinungen, die unter dem Begriff Post-Abortion-Syndrom zusammen gefasst werden“
ÄrztInnen und Psychologie kennen dieses Syndrom nicht, propagiert wird es von den AktivistInnen der Lebensschützer-Szene. Von Unfruchtbarkeit über Brustkrebs, schweren Depressionen und Beziehungsunfähigkeit bis zu Migräne und Frigidität gehen die Symptome, die man Frauen, die abgetrieben haben, an den Halsch wünscht.
Wer jetzt denkt, es handelt sich beim Christival um eine Angelegenheit weniger religiöser Fanatiker, irrt. Familienministerin Ursula von der Leyen übernimmt persönlich die Schirmherrschaft für die Veranstaltung. Das Familienministrium lässt 250.000€ springen und die kirchenpolitische Sprecherin der Bremer CDU meint: „Gerade weil es so viele haltlose Jugendliche gibt, braucht unsere Gesellschaft junge Menschen, die bereit und in der Lage sind, die Zukunft unseres Landes aus christlicher Verantwortung heraus zu gestalten“.
Aber die Haltlosen, zerrütteten Existenzen sitzen schon in den Startlöchern: Am 30.4., zeitgleich mit der Eröffnung des Christivals, findet eine Bündnisdemonstration gegen Homophobie und Sexismus statt.
Den Extrem-Christen gefällt so viel Aufmerksamkeit gar nicht. Man fragt sich:„Muss Christival-Start von der Polizei geschützt werden?“ Auf jeden Fall wird der zwischen Konservativen und christlichem FundamentalisteInnen wabbernde Heterosexismus nicht unwiedersprochen bleiben.
30.4. 20 Uhr. Bremen. Schlachthof.